OZ | Samstag, 05. September 2009  |  Kultur

Irritierende Schönheiten von Thomas Gatzemeier


Rostock (OZ/MS) - Diese Gemälde schonen den Betrachter nicht: Lebensgroße Frauen stehen da in vollkommener Nacktheit, detailgenau, keine Blöße verbergend, keine Scham zeigend. Schamlos sind die Bilder nicht, aber von irritierender Schönheit, deren Offenheit verunsichern mag.

Die großformatigen Arbeiten von Thomas Gatzemeier, geboren 1954 in Döbeln in Sachsen. Die Irritation seiner Bilder mag daher rühren, dass auf den ersten Blick idyllische, anheimelnde Szenerien bei genauerer Betrachtung auf eigenartige Weise unvollkommen erscheinen.

„Das Erzählen bricht ab“, sagt der Künstler. Da liegt eine Frau in ein Laken gekuschelt, vorn Parkett — dahinter nichts, eine weiße Fläche. Dabei geht es dem Künstler nicht um Irritation im negativen Sinne. „Ich will die Figur wirken lassen“, sagt er.

Besonders eindrucksvoll: „Le Ciel“ (Der Himmel). Ein Knäuel aus Frauenleibern ver- oder entflechtet sich auf himmelblauem Grund. Ob sie stürzen oder sich im Paradies bewegen, vermag man nicht zu sagen. Tatsache ist, dass die ineinander verstrickten Leiber unvollständig bleiben. Als Kommentar auf Krisenzeiten versteht Gatzemeier das nicht. Auch erotisch seien seine Gemälde nicht. „Das wird mir nachgetragen“, sagt er.

Feiern der Schönheit und der Vergänglichkeit seien seine Werke. Und des kraftvollen Lebens. Denn Gatzemeier kann ganz anders: impulsiv, gestisch, fast abstrakt mit dicker Farbschicht — so frühere Arbeiten. Derzeit erleben wir Thomas Gatzemeier, der in Leipzig studierte und 1986 ausgebürgert wurde, in seiner, wie er mal sagte, apollinischen Phase. Konzentriert, nachdenklich.



Thomas Gatzemeier (55) stellt im Rostocker Fischereihafen bei artFuhrmann aus. Foto: Schümann